Montag stürzte ich mich in die
unermüdliche Jobsuche. Bereits am Sonntag hatte ich einige
Lebensläufe übers Internet herausgeschickt. Unter anderem
auch an Toll Personell, die nach Fahrern bei Gumtree gesucht haben,
die eine Forklift, MR, HR oder MC Lizenz haben. Das sind Lizenzen für
Gabelstapler und größere bis richtig schwere Trucks. Warum
ich das gemacht habe? Ich weiß es selbst nicht. Ich habe keine
der Lizenzen. Ich habe einfach Lebensläufe an so ziemlich jeden
herausgeschickt. Warum ich Euch gerade von Toll Personell erzähle?
Montag morgen bekam ich einen Anruf von Michael. Er sagte mir, dass
ich ihm meinen Lebenslauf geschickt hätte und ob ich noch nach
Arbeit suche. Klar. Ich hatte nur keinen blassen Schimmer, wer
Michael war und von welcher Firma er war, da ich ja unzählige
Lebensläufe herausgeschickt hatte. Jedenfalls lud er mich zum
Interview am Dienstag um 9.30 Uhr ein. Sollte ich gleich am ersten
Tag meiner intensiven Jobsuche einen neuen Job bekommen? Erst als mir
Michael eine Email mit der Adresse geschrieben hatte, dämmerte
es mir, dass es Toll Personell war, die nach Fahrern mit den
verschiedenen Lizenzen suchen. Aber für welchen Job will Michael
mich denn einsetzen? Keine Ahnung.
Dienstag morgen ging es dann in die
Vororte von Darwin. Angekommen, hat mich Michael total freundlich
empfangen. Dann habe ich erstmal erfahren, dass Toll Personell
eigentlich gar keine Jobs verteilt, sondern eine weitere der vielen
Recruitment Agencies in Darwin ist, die Leute an verschiedene
Arbeitsplätze vermitteln. Das Interview war eigentlich kein
Interview. Ich musste 20 Seiten Formulare mit sämtlichen Zeug
ausfüllen, unterschreiben… Der übliche Papierkram halt.
Dann wurde es witzig. Ich musste einen Industrial Light Test machen,
der mir vorkam wie ein IQ Test. Anschließend musste ich
Matheaufgaben lösen. Ohne Taschenrechner :D Und zum Schluss
musste ich mir noch ein Video über Toll Personell anschauen und
anschließend Fragen beantworten. Nachdem ich dann alles
bravurös gemeistert habe, kam Michael endlich zur Sache. Er
habe in meinem Lebenslauf gelesen, dass ich schon Mal Container
ausgeladen habe. Und ein Lagerhaus bräuchte noch Leute zum
Container ausladen, wofür er mich vorgesehen hat. Ich wusste
nicht, ob mich freuen soll oder heulen sollte. Damals in Melbourne
habe ich mich mit dem Worten nach dem letzten ausgeladenen Container
verabschiedet: „Ich bin so froh, dass ich NIE WIEDER Container
ausladen muss.“ Und here we are. Mein neuer Job ist Container
ausladen. Aber immerhin, ich habe nach einem Tag Jobsuche einen neuen
Job bekommen. Das hat mir gezeigt, wie vorteilhaft doch ein Auto und
Vorerfahrung sein können. Michael hat mir dann die Details
gegeben. Schon am nächsten Morgen sollte es losgehen. 6.30 Uhr.
Bezahlt werde ich dieses Mal nicht pro Stunde, sondern pro Container.
Es gibt 138$ pro Container , der aber von 2 Personen ausgeladen wird,
also 69$ für jeden. Naja schauen wir mal, ob sich das lohnt.
5.15 Uhr bin ich dann am Mittwoch
morgen aufgestanden. Der Weg führte mich zum East Arm Port,
einem Industriekomplex von Darwin, ganz in der Nähe wo ich auch
den Weed Sprayer Job hatte. Das Lagerhaus trägt den Namen CUB.
Mhhh… wofür das wohl steht? Und dann hatte ich sie wieder Alle
vor mir stehen, schön aneinander aufgereiht. Meine geliebten
Container. Ein Deja Vu. Eine Frage hat sich mir dann doch gestellt.
Was ist dieses Mal in den Containern? Wieder Lebensmittel? Nein. Was
ich sehen musste als ich den ersten Container geöffnet habe, hat
mir fast die Sprache verschlagen. Der Container gefüllt mit
einem meiner Lieblingsprodukte. Bier. Ja, ein ganzer Container voll
mit Bier stand vor mir und wartet darauf von mir und meinem
australischen Kollegen Ben ausgeladen zu werden. Es dauerte nicht
lang bis ich realisiert habe, dass in allen Containern Bier ist. Das
ganze Lagerhaus ist voll mit Bier. Der Name CUB steht für
„Foster’s and Carlton United Brewers“. Herzlich willkommen in
einem Lagerhaus voll mit Bier und Spirituosen. Vorrangig
australisches Bier, aber auch internationales Bier und Spirituosen
jeglicher Art. Wie soll das funktionieren. Ich lade den ganzen Tag
Bier aus und darf nicht mal einen Tropfen trinken. Das ist echt
gemein.
Den ersten Tag habe ich mich dann recht
gut geschlagen. Allerdings ist der Verdienst lächerlich. Wir
haben gerade einmal 2 Container geschafft, was 138$ vor Steuern sind.
Ist es das wirklich wert, mich wieder so zu schinden für wenig
Geld. Die Antwort ist: Ja, das ist es. Denn es ist immerhin ein
bisschen Geld. Da heißt es mal wieder meinen Kampfgeist
abzurufen. Donnerstag ging der Spaß dann weiter.
Als ich gerade am ausladen war, bekam
ich jedoch einen Anruf. Seinen Namen hatte ich zunächst nicht
verstanden und er meinte er hätte meine Nummer von einem Lee.
Ich war etwas verwirrt. Jedenfalls hatte er mir einen Job angeboten
sein Boot für ein paar Tage zu reparieren für 20$ die
Stunde cash auf die Hand. Da im Lagerhaus übers Wochende nicht
gearbeitet wird und der Job Samstag anfangen sollte, habe ich doch
einfach mal zu gesagt. Als ich dann nochmal nach seinem Namen fragte,
stellte sich heraus, dass sein Name Jürgen ist und er
ursprünglich auch aus Deutschland ist. Das läuft ja wie
geschmiert. Tagtäglich bekomme ich einen neuen Job. Ich
entwickle mich ja hier zum Arbeitstier :D Ich hoffe nur die beiden
Jobs überlappen sich nicht. Aber da kann ich mir wann anders
Gedanken drüber machen. Als ich neulich mit Sophie aus Adelaide
bei Facebook geschrieben habe, sagte sie mir, dass Matt vielleicht
für mich auch einen Job an Land ziehen könnte, wenn ich
eine White Card habe (die ich ja jetzt habe
), da seine Firma in Darwin einige Projekte hat. Das werde ich im
Hinterkopf behalten, falls gar nichts mehr geht. Ihr seht, jobmäßig
läuft es gerade wie geschmiert und eines steht fest: Beziehungen
hier in Australien sind Gold wert, denn nach dem Telefonat mit Jürgen
ist mir auch wieder eingefallen, wer Lee ist. Ich hatte Lee und
seiner Freundin (beide Engländer) vor 2 Wochen mein Campingzeug
geliehen, da sie in den Litchfield Nationalpark gefahren sind. Als
sie zurück waren, meinte Lee, dass er ein Job für ein Boot
hätte, er aber einen anderen Job zu dieser Zeit hätte und
an mich gedacht habe. Das Backpacker-Netzwerk ist fantastisch. Eine
Hand wäscht die andere und du kommst manchmal an Jobs über
5 Ecken, denn Lee hat den Job angeboten bekommen, da sein Freund Ken
für Jürgen das Haus mit renoviert hat. Nun hat Ken Lee
einen Job besorgt, den Lee an mich weitergegeben hat. Verwirrend und
unglaublich zugleich, oder? :D
Aber zurück zu den Containern. Am
Freitag hieß es nur dem Wochenende entgegen zu arbeiten. Es
gibt eines, wofür ich Australier liebe und hasse zu gleich. Ihre
Gemütlichkeit und Easy-Going-Mentalität. Mein Kollege Ben
hat anscheinend nicht gecheckt, dass wir pro Container und nicht pro
Stunde bezahlt werden. Seelenruhig hat er die Container ausgeladen.
Die meiste Zeit habe ich 2/3 und er 1/3 der Container ausgeladen,
obwohl jeder eine Hälfte ausladen sollte. Dann kam aber ein
unglaublich harter Augenblick. Es ist 10:30 und wir öffneten
gerade unseren zweiten Container an diesem Tag. Ben, der übrigens
8 Monate arbeitslos war und jetzt das erste Mal wieder arbeiten war,
sagte nur, dass er Rückenschmerzen habe und jetzt nach Hause
gehe. Ich konnte es nicht fassen. Er ist einfach nach Hause gegangen.
Und wisst ihr, was mein Supervisor sagte? „Keep going“ (Mach
weiter) WAS??? Ich stand vor einem Container voll mit 15000kg
„XXXX“-Bier (Lieblingsbier der Queensländer), das darauf
wartete an einem Freitag von mir ALLEIN ausgeladen zu werden. Absolut
unfassbar. Aber ich habe es tatsächlich geschafft, diesen
Container in sagenhaften 4 Stunden zu leeren, was meinen Supervisor
und meine anderen Kollegen ziemlich beindruckt hat, so dass er mich
gleich fragte, ob ich nächste Woche wieder komme. Und ein Gutes
hatte dieser Container dann doch. Da ich ihn allein ausgeladen habe,
habe ich natürlich die ganzen 138$ für den Container nicht
mit Ben teilen müssen. Und wenn ihr mal rechnet, 138$ in 4
Stunden, dass ist ein Stundenlohn von 35,50$ (30€). Das ist der
höchste Stundenlohn, denn ich je in Australien bekommen habe.
Gut gemacht, Basti ;)
Naja, nun schau ich mal, was morgen mit
dem Boot für ein Job auf mich wartet.
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