Mein letzter Flug in Vanuatu führte mich auf eine
dritte Insel, nach Espiritu Santo. Und dort ging es mit dem Abenteuer nahtlos
weiter, wo ich in Tanna aufgehört habe. Von Tanna ging es zunächst zurück nach
Port Vila. Das Wetter war ziemlich schlecht und die kleine Maschine ist
dermaßen ins Schaukeln gekommen, dass ich echt angefangen habe richtig zu
schwitzen im Flieger. In Port Vila angekommen, traf mich doch schon wieder der
Schlag. Schon wieder wurde mein Flug gestrichen. Dieses Mal nach Santo. Was
läuft nur falsch mit den Fluggesellschaften im Pazifik. 10 Stunden Verspätung
dieses Mal. Naja wenigstens wurden wir zum Melanesian Hotel in Port Vila, ein
richtig gutes Hotel, gefahren und bekamen Getränke und Buffet umsonst. Dazu gab
es noch eine schöne kulturelle Show. Da hätte ich mir glatt gewünscht, dass der
Flieger erst am Morgen geht ;) Nachts um 1 bin ich dann in Santo angekommen.
meine Unterkunft befand sich in Luganville der zweitgrößten Stadt Vanuatus, was
letztendlich aber auch nur ein kleines Kaff ist und zu dem wesentlich ruhiger
als Port Vila ist.
Die ersten 2 Tage habe ich ein wenig Luganville
ausgekundschaftet und versucht heruaszufinden, welche Dinge ich wo und am günstigsten
machen kann. Luganville ist wirklich nicht besonderlich spektakulär. Es
hat alles, was man zum Leben braucht. Touristische Wow-Effekte bleiben aus. Am
zweiten Tag bin ich nachmittags zum Million Dollar Point gefahren, um
Schnorchel zu gehen. Die Amerikaner haben hier im zweiten Weltkrieg sämtliche
Materialien und Zeugs einfach im Meer ersenkt. Von Trucks bis Baufahrzeuge.
Hier findet man Alles. Leider nur war die Sicht unter Wasser ziemlich schlecht
und ich habe ziemlich bescheidenes Schnorchelzeug ausgeliehen bekommen, so dass
eigentlich mehr am Strand gelegen habe.
Das geschäftige Zentrum Luganvilles
Million Dollar Point
Am dritten Tag auf Santo wurde es dann
interessant. Ich buchte eine Tour zu den Millenium Caves. Eine Höhle mitten im
Dschungel. Es war zwar schon bekannt, dass es die Höhle gibt, aber es dauerte
bis 1995 bis die Einheimischen sich endlich auch in die Höhle getraut haben.
Die Tour begann in Luganville. Dann ging es 1 Stunde lang wieder einmal über
eine sehr holprige Straße mitten in den Busch Vanuatus. Ich wurde wieder einmal
kräftig durchgeschaukelt. Am Ende der Abenteuerfahrt war ein Dorf. Dann ging es
auf einen 20-minütigen Fußmarsch, bei dem wir eine sehr imposante Bambusbrücke
überqueren mussten. Am Ende wartete ein weiteres Dorf auf uns. Ein kleines
Päuschen und dann ging die eigentliche Tour los. Ich hatte meinen eigenen
Tourguide, Joe. Es ging 1,5 Stunden durch den Dschungel bis wir endlich an der
Millenium Cave angekommen sind. Dann gab es ein wenig Gesichtsbemahlung. Wieso?
Das muss man machen aus Respekt zur Natur. OK. Klatsch mir ein bisschen
Erdfarbe ins Gesicht. Dann ging es in die Höhle. Es tut mir so leid, dass ich
Euch keine Bilder vom zweiten Teil der Tour, der einfach atemberaubend war,
präsentieren kann, denn die Höhle war voll Wasser und ich musste meine Kamera
mit den Einheimischen zurücklassen. Die Höhle war ziemlich lang, mindestens
500m. Wir mussten durch Wasser laufen und hatten nur Taschenlampen, um uns
zurecht zu finden. Das hat mich ein wenig an Tunnel Creek in Australien
erinnert, wo ich auch einen unterirdischen Fluss entlang gewandert bin. Auf der
anderen Höhlenseite gab es dann Mittagessen. Die Tour war aber noch nicht
vorbei. Da wir auf der anderen Seite auf einen anderen Fluss gestoßen sind,
ahnte ich schon was dann kam. Wir haben jeder einen Schwimmreifen bekommen und
haben uns dann ein wenig den Fluss entlang treiben lassen. Zwischendurch
mussten wir immer wieder mal über Felsen und an Seilen entlang klettern. Die
Fluss ging durch eine Schlucht. An einen Punkt kam dann ein Wasserfall.
Ungelogen, dass war der schönste Wasserfall, den ich auf meiner Reise bis jetzt
gesehen habe. So schade, dass ich kein Bild machen konnte. Am Ende ging es dann
noch eine halbe Stunde zurück ins Dorf. Die Tour war echt geil.
Am Donnerstag und Freitag kam dann aber der
Oberkracher. So ziemlich das Verrückteste und wahrscheinlich auch
Gefährlichste, was ich je gemacht habe. Der Grund warum ich unbedingt nach
Espiritu Santo wollte, war folgender: Die SS President Coolidge. Die Coolidge
war ein Luxusliner, wie die Titanic einst. Im Zweiten Weltkrieg wurde die
Coolidge zum Nachschubschiff der Amerikaner umgerüstet. Jedoch hat die Coolidge
wegen eines Navigationsfehlers die eigene Seemine getroffen und ist in kurzer
Zeit direkt vor der Küste Luganvilles gesunken. Die Amerikaner haben zwar
versucht später einiges aus dem Wrack zu bergen, aber die Regierung Vanuatus
hat es irgendwann untersagt, Zeug aus der Coolidge zu bergen. All die Trucks,
Munition und sämtliches anderes Zeug befindet sich also heute noch im Wrack.
Die Coolidge zählt heutzutage zu einem der besten Schiffswracktauchplätze der
Welt. Das konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Die Coolidge ist ca.
200m lang. Der Bug liegt in 12m Tiefe, während das Heck auf 65m Tiefe liegt. Da
gibt es also einiges zu entdecken.
Am Mittwoch bin ich also mit dem Boot
herausgefahren zur Coolidge. Auf dem Boot waren noch Jeff ein Australier und
die beiden Tauchinstructor Simo und Dave. Simo war für mich zuständig. Das war
echt cool. Es waren also nur er und ich auf dem Tauchgang. Der erste Tauchgang
ist immer ein Orientierungstauchgang, d.h. wir sind nicht ins Schiff hinein
gegangen, sondern haben es weitesgehend von außen betrachtet, um ein Gefühl zu
bekommen. Wir haben einige große Kanonen/ Artillerien auf dem Deck des Schiffes
gesehen. Unglaublich, aber die waren sogar noch mit Originalmunition bestückt.
Neben den Kanonen konnte man in Holzkisten Unmengen an Munition finden. Wir
haben uns dann einen Frachtraum näher angesehen. Zurück ging es über die
Steuerbordseite, wo man erstmal gesehen hat, wie groß dieses Schiff eigentlich
ist. Wir haben ein Fass gefunden, in dem unzählig viele Gegenstände drin waren.
Schuhe, Bierflaschen und anderes Zeug. Alles aus dem Zweiten Weltkrieg. Ab und
zu sieht man sogar Inschriften und Gravierungen mit Jahreszahlen, wie „USA
1940“. Wahnsinn. Ich glaube wir sind bis auf 33 Meter hinuntergegangen.
Nach einer Pause ging es auf den zweiten
Tauchgang. Und wie ihr das schon ahnt, dieses Mal ging es in das Wrack hinein.
Wir haben uns den Frachtraum 1 und 2 des Schiffes von innen angesehen. Was wir
gesehen haben waren zahlreiche Jeeps und andere Fahrzeuge, so wie Maschinerie
aus dem 2.Weltkrieg. Viel interessanter für mich war aber das Tauchen an sich.
Wir waren mitten drin in einen Bau aus Stahl. Ich musste manchmal durch kleine
Öffnungen in den Wänden tauchen, was natürlich schon einiges an Koordination
mit der ganzen Tauchausrüstung auf dem Buckel verlangt. Wir befinden uns
immerhin 30-35m unter Wasser. Aber was für ein Gefühl sage ich Euch durch
diesen Stahlkolloss zu tauchen. Das war wirklich komplett unterschiedlich zu
dem, was ich bis jetzt getaucht habe. Das ist nicht nur einfach Fische in einem
Korallenriff beaobachten, nein, hier ist echt Geschick und Vorsicht gefragt. In
jedem neuen Raum gibt es unterschiedliche Dinge zu entdecken. Zum Schluss hat
mir Simo noch den sogenannten „Flashlight-Fisch“ gezeigt. Dieser Fisch lebt in
absoluter Dunkelheit. Er hat eine spezielle Drüse unter dem Auge wo Bakterien
leben. Der Fisch hat dann wie eine Art Klappe am Auge und wenn er diese öffnet,
dann flouresziert es hinaus. Man kann also viele gelbe Punkte im Dunkel
umherwuseln sehen. Das ist wie ein riesiger Unterwasserspielplatz. Das Schiff
ist so riesig und ich hatte soviel Spaß, dass ich einfach nach 2 Tauchgängen
noch nicht aufhören konnte. Ich habe also für den nächsten Tag nochmal 2
Tauchgänge gebucht.
Am nächsten Tag wartete dann aber eine deftige
Überraschung auf mich. Jeff war wieder mit im Boot, aber auch noch eine
französische Gruppe. Da Simo die französische Gruppe übernehmen musste, musste
ich nun mit Jeff und dem Tauchinstructor Dave tauchen gehen. An sich nicht
schlimm, aber Jeff hat weit über 500 Tauchgänge hinter sich und er hat am
Vortag mit Dave schon die anspruchsvolleren Sektionen im Wrack besucht. Ich
verstand nicht wie das funktionieren sollte, denn Jeff möchte bestimmt nicht
mit einem Anfänger wie mir, der gerade mal 117 Tauchgänge hinter sich hat,
einfache Teile des Wracks abtauchen. Dave, der echt (positiv gemeint)
wahnsinnig und ein Paradiesvogel ist, sagte dann zu mir: „Du kommst heute mit
mir und Jeff tauchen. Wir wollen zum Heck tauchen. 60m. Ist das OK für dich?“
Hat der gerade 60m gesagt? 60m????? Ich hatte noch so im Kopf, dass mein
Tauchlehrer damals in Cairns gesagt hat, dass man als Sporttaucher niemals mehr
als 40m tief gehen sollte. 40m sei die absolute Grenze. Ich bin niemals tiefer
als 35m getaucht und auch gar nicht zertifiziert für tiefere Tauchgänge. Und
auf einmal legt der die Latte auf 60m Tiefe. Das ist Wahnsinn. Nochmal, ich
hatte gerade mal 17 Tauchgänge und bin eigentlich noch ein Anfänger. Irgendwie
hatte ich in diesem Moment ein sehr ungutes Gefühl im Bauch. Dann aber kam
wieder mein unvernünftiger, adrenalinsüchtiger Teil in mir hervor. Wann werde
ich nochmal die die Gelegenheit bekommen, 60 Meter unter Wasser an einem
Schiffswrack tauchen zu gehen. Ich versuchte meine Gedankengänge zu
rechtfertigen. Die haben das schon tausend Mal gemacht und es ist nie jemand
gestorben. Außerdem hat Simo mich am Vortag tauchen sehen und wenn er mir das
nicht zutrauen würde, hätten sie mich wohl nicht gefragt. Es gab also nur eine logische
Konsequenz, um meine Sucht nach Nervenkitzel zu befriedigen. Ich antwortete
Dave: „Ja, ist OK. Ich versuche es.“ Eine wahnsinnige Entscheidung. Mein Puls
war echt auf 180 als wir abgetaucht sind. Bis 40 Meter ging es ganz gut. Die
Druckverhältnisse dort unten sind natürlich ganz anders und man braucht viel
mehr Luft zum Einatmen. Das war natürlich recht ungewohnt für mich. Da wir
zudem recht schnell abgetaucht sind, hatte ich einige Probleme mit dem Atmen
durch den Atemregler. Das ist echt kein Spaß wenn du soweit unter Wasser bist. Für
ein paar Sekunden wollte ich Jeff und Dave signalisieren, dass ich nicht weiter
gehen kann. Aber ich wollte mich da unbedingt hinunter kämpfen. Aufgeben ist
nicht so einfach. Ich habe mich also ein wenig beruhigt und dann ging es auch
wieder und 2 Minuten später hatte ich es tatsächlich geschafft. Wir waren 63m
unter der Wasseroberfläche. 63 METER. Was für ein Gefühl. Als ob man im Weltall
durch ein Raumschiff schwebt. Die Wasseroberfläche sieht man natürlich nicht mehr
und das Licht wird sehr strak absorbiert. Wir sind nicht ins Wrack
hineingegangen, da es einfach zu gefährlich in so einer Tiefe ist. Wir haben
uns dann die riesigen Propeller am Heck des Schiffes angesehen und man konnte
doch tatsächlich die Inschrift SS Prsident Coolidge San Francisco“ am Heck
lesen. Dann sind wir weiter zum Swimmingpool getaucht. Ich weiß, ein
Swimmingpool unter Wasser klingt doof, da aber nun mal einer auf dem Schiff
war, entspricht das der Wahrheit. Der Pool war mit richigen Fliesen in
unterschiedlichen Farben ausgestattet. Unglaublich, dass Teile dieses Schiffes
nach über 60 Jahren im Wasser noch so gut erhalten sind. Der sogenannte
Tiefenrausch in 60m Tiefe ist natürlich sehr riskant. Je tiefer man geht, desto
mehr Stickstoff nimmt der Körper auf und Stickstoff wirkt narkotisch. Je länger
man also auf der maximalen Tiefe bleibt, desto größer ist das Risiko, dass das
Bewusstsein getrübt wird. Wenn man es überteibt, kann man bewusstlos werden.
Der Tiefenrausch ist also nicht zu unterschätzen und ich habe den ordentlich
gespürt in 60m. Wir sollten Dave zeigen, wie viele unterschiedliche Farben die
Fliesen hatten. Es war echt schwer zu zählen. Ich sagte 4. An der Oberfläche
sagte mir Dave dann, dass es 6 waren. Ein tolles Beispiel dafür, dass der
Tiefenrausch in vollem Gange war.
Aber ich habe es überstanden. Wir waren tatsächlich
15 Minuten auf 60m. Wahnsinn. Der gesamte Tauchgang dauerte jedoch 68 Minuten.
Da wir auf dem Rückweg einige Dekompressionsstops einlegen mussten. Die sind
notwendig um die angesammelten Gase durch die Lunge wieder auszuatmen. Legt man
diese Stops nicht ein, kann man die Lunge ernsthaft schädigen (nennt sich
Dekompressionskrankheit). Dave war echt ein verrückter Kerl. Da ich natürlich
nicht genug Pressluft im Tank hatte (dabei hatte ich schon 250bar, anstatt der
regulären 200 bar im Tank), fängt Dave doch tatsächlich irgendwann an unter
Wasser mir mitzuteilen, dass ich Luft aus einem neuen Tank nehmen soll.
Zunächst musste ich also Luft von seinem Tank atmen, bevor er mir einen
Ersatztank bereitgestellt hat. Das hatte ich bis jetzt auch noch nicht, dass
man unter Wasser von einem Atemregler zum anderen wechselt, weil man keine Luft
mehr im Tank hat. Aber ich habe es bravurös gemeistert, ansonsten wäre ich ja
auch nicht mehr aufgetaucht :D
Was für geile 68 Minuten unter Wasser. Das war
einmalig. Ich glaube normale Tauchstationen hätten mich unter den gegebenen
Umständen niemals so tief tauchen lassen. Mir ist auch erst nach dem Tauchgang
bewusst geworden, wie gefährlich das eigentlich war. Ich habe im Internet mal nachgeschlagen,
wie tief man eigentlich tauchen kann. Ab 67m Tiefe beginnt beim Tauchen mit
normaler Pressluft der Partialdruck des Sauerstoffes so hoch zu werden, dass
der Sauerstoff toxisch wird. 67m sind also die absolute Grenze mit Pressluft.
Das sind gerade einmal 4 Meter tiefer als wir getaucht sind. Aber hin oder her.
Ich lebe ja noch und der Nervenkitzel war es ja auch definitiv wert :)
Beim vierten und letzten Tauchgang sind wir dann
nochmal in das Wrack hineingetaucht. Tiefster Punkt war glaube ich 35m. Auf dem
Weg haben wir den Friseursalon des Schiffes besucht. Dann haben wir uns
Stahlhelme der Amerikaner aufgesetzt und all solche Geschichten. Wir hatten
definiv Spaß unter Wasser. Zum Schluss sind wir dann noch in die medizinische
Sektion des Schiffes eingetaucht. Wir haben Flaschen und Ampullen mit
Substanzen drin gefunden. Wie gesagt, die sind über 60 Jahre alt. Das war ein
Spektakel. Zum Schluss haben wir uns nochmal den Flashlightfisch angesehen.
Es tut mir so leid, dass ich keine
Unterwasserbilder habe. Die wären echt der Hammer gewesen. Aber die schönsten
Erinnerungen sind ja eh im Kopf, nicht wahr?
Mein einziges Bild von 2 Tagen Tauchen. Sorry!
Am letzten vollen Tag auf Santo habe ich dann
noch eine kleine Rundfahrt an der Ostseite der Insel gemacht. Ich habe mir
verschiedene Blue Holes angeschaut. Süßwasser kommt dort unterirdisch zum
Vorschein. Das Wasser ist soooo blau. Unglaublich. Ein anderes Highlight war
Champagne Beach, einfach mal wieder ein paradiesischer Strand zum
Dahinschmelzen. Ron, mein Fahrer für den Tag, konnte mich anscheinend so gut
leiden, dass er mich am Abend in sein Dorf eingeladen hatte, wo es reichlich
Kava und Essen gab. Am nächsten Morgen vor meiner Abreise hat er mich dann
nochmal eingeladen. Es war Sonntag und Ron und seine Nachbarn treffen sich dann
immer bei ihm auf den Grundstück und singen und beten gemeinsam.
Nanda Blue Hole
Champagne Beach
Riri Blue Hole
Das war ein krönender Abschluss meines Abenteuers
durch den Pazifik. Und nun ratet mal, wo es als nächstes hingeht?
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